Leben in SmogCity

Nach 4 Tagen habe ich einen ersten Überblick über Dalian gewonnen. Im Zhongshanqu (Zhongshan-Bezirk), der rund um die Uni liegt, kenne ich mich schon ein wenig aus. Ich weiss, wo das Internetcafe ist, wo man Wäsche waschen lassen kann, wo man (gratis) selber waschen kann, wo man telefonieren kann, wenn das Handy ins Klo gefallen ist und nicht mehr geht (später vielleicht mehr dazu), wo die Mensa ist und wie man von Tesco wieder zur Uni findet. Auf meinen Fotos sieht man mein super schönes Studentenzimmer. Sehr zentral gelegen, sehr angenehm. Aber: Sehr laut. Die RussInnen machen auf dem Klo Disco mit Lady Gaga, um zwei am Morgen wird draussen die Strasse neu geteert, überall wird gehämmert, gehupt, gebellt und gebrüllt. Aus dem Lautsprecher im Dorm dudelt chinesische Musik, draussen wird herzhauft gehustet und gerotzt ("hchchch-chrrchrrchrr-platsch") und auf dem Areal gegenüber ist Wachablösung, was heisst, dass Aufstellung genommen und gebrüllt wird. Daran störe ich mich nicht weiter. Allerdings sollte man unbedingt beachten, dass man auf chinesischen Strassen gefährlich lebt. Fussgängerstreifen sind wohl eher zur Dekoration da, und grüne Ampeln für Fussgänger werden durchgängig ignoriert. Überhaupt kommt öfter die Hupe als die Strassenregeln zum Einsatz. Ein einziges Chaos, und trotzdem funktionert es! Ich habe in meiner Zeit hier trotz krimineller Fahrweise keinen einzigen Unfall gesehen. Irgendwie funktioniert der Verkehr hier auch, und zwar über Hupen und Handzeichen zwischen den FahrerInnen statt über Lichtsignale. Vielleicht war es so etwas, was mit der "unsichtbaren Hand des Markts" gemeint gewesen war. Nur, dass das im Verkehr besser funktioniert als in der Wirtschaft. Was mir auch aufgefallen ist: Überall wird hier gebaut. Das Stadtzentrum ist riesig und topmodern, aber an den Rändern bröckelt es überall. Zweimal täglich oder öfter werden die Strassen gefegt und der Abfall eingesammelt, dafür sind die öffentlichen Klos eine Katastrophe. Ich habe den Eindruck, man bemüht sich sehr, den Schein einer sauberen, modernen Stadt aufrecht zu erhalten. Das funktioniert aber nur mitten in der Stadt, schon zwei Querstrassen weiter lottert alles vor sich hin. Das gleiche Gefühl beschleicht mich auch in jedem Laden: Ich habe das Gefühl, die meisten Leute haben keine Ahnung von ihrem Job! Die Verkäufer mit eigenem Laden sind sehr aufmerksam und helfen viel, aber wenn man z.B. in den Apple-Store geht, muss man sich erst mal bemerkbar machen und bekommt dann meist schwammige Auskünfte. Wie bei meinem Handy: Nach dem Klo-Missgeschick wollte ich es reparieren lassen. Am nächsten Tag erfuhr ich, dass man das in meinen Wohngebiet nicht kann. Ich bin also zur Hauptstelle der China Telekom gefahren. Alles, was sie dort machten, war, mein Handy einzuschalten, zu behaupten, es ginge ja wieder, mir eine Nummer aufzuschreiben, wo ich anrufen solle, falls es Probleme gibt, und mich dann wieder wegzuschicken. Da konnte ich noch so sehr bezeugen, dass es wirklich kaputt ist und sie es doch bitte in die Reparatur schicken sollen. Nun ja, jetzt geht das Handy tatsächlich einigermassen. Die Buchstaben G,I,H und P,Q,R,S sind zwar immer kritisch, und ab und zu fordert mich mein Handy auf, die Sterntaste zu drücken und es zu entsperren, obwohl ich gar nicht will, aber was solls?  Für mich als Schweizerin ist es eine Herausforderung, mich an diese Eigenheiten in meiner neuen Heimat zu gewöhnen. Manchmal weiss ich nicht, ob ich weinen oder lachen soll. Meistens lache ich dann aber, und das gefällt den ChinesInnen.  Dann schliessen sie mich ins Herz, auch wenn ich eigentlich nur gekommen bin, um rumzumeckern.

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Kommentare: 2
  • #1

    Igino (Mittwoch, 26 September 2012 19:33)

    good post

  • #2

    Juicers Reviews (Dienstag, 16 April 2013 08:12)

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