das Tibet-Tagebuch 1: im Zug

Mit warmen Kleidern, Schlafsäcken, vielen Snacks und einer gehörigen Portion Abenteuerlust im Gepäck trafen wir uns am 25. April abends am Bahnhof in Dalian.

Wir, das heisst 7 aufgestellte Studentinnen und 3 Studenten der Dalian University of Foreign Languages aus 5 Nationen. Vor uns lagen 55 Stunden im Zug und ein halbtägiger Aufenthalt in Peking, bevor wir unser Ziel, das sagenumwobene Lhasa, erreichen würden.

Die erste Nach war ausgesprochen gemütlich, wir hatten nämlich Schlafplätze ergattert. Um 8 Uhr in der Früh (wir waren schon seit 6:30 wach, weil ab dann das Radio mit Nachrichten im Zug lief...) trafen wir in Peking ein. Nach einem Mc-Donalds-Frühstück begaben wir uns auf eine abenteuerliche Busfahrt in einem völlig verstopften Linienbus quer durch die Stadt, um zum nächsten Bahnhof zu gelangen. Als wir endlich ankamen, tat uns Alles weh! Deshalb gaben wir zuerst mal einen Berg Gepäck auf und beschlossen dann, uns in kleine Gruppen aufzuteilen, um die Zeit bis 7 Uhr abens totzuschlagen. Eine Gruppe blieb in der Nähe des Bahnhofs, eine Gruppe besuchte den Tiananmen-Platz und ich und Kaspar schlossen uns denjenigen an, die sich in die U-Bahn in Richtung Hutongs setzten. Dort angelangt spazierten wir ein bisschen dem See entlang und gingen dann gemützlich Mittagessen. Für den Nachmittag rüsteten wir uns mit reichlich Bier aus und liessen uns die Sonne am Ufer eines Flüsschens auf den Kopf scheinen. Dabei bekamen wir Lust auf eine Pedalofahrt auf dem See. Tollkühn paddelten wir durch das Gewässer und verbreiteten Angst und Schrecken, wenn wir andere Boote zu rammen drohten. So ging der Nachmittag viel zu schnell vorbei, und ehe wir uns versahen, war es Abend geworden. Zurück am Bahnhof rüsteten wir uns noch mit einem Znacht und reichlich Snacks für unterwegs aus, und dann ging die Fahrt auch schon los!

Der Zug war heiss, stickig und völlig überfüllt. Neben den Sitzplatztickets, die wir gekauft hatten, gab es auch noch Fahrgäste ohne einen Platz, die sich einfach im Gang drängen mussten. Die nächsten 43 Stunden waren, wenn man so sagen darf, die Hölle. Wir schliefen zusammengequetscht auf unseren Sitzen, aber länger als eine Stunde am Stück lag nie drin. Entweder wachte ich wegen verspannter Muskeln, Sodbrennen, dem Geschhüttel oder gar wegen einer Dame im Gang auf, die Mitten in der Nacht ein lautes Schwätzchen über dies und das mit ihrem Gang-Nachbarn führte.

Auch auf die Toilette kam man nur unter Schwierigkeiten; denn die Leute ohne Ticket machten es sich des Nachts auf dem Boden zwischen den Sitzreihen gemütlich. Die Toiletten selber standen nach einigen Stunden unter Wasser und waren mit Exkrementen verschmiert. Ausserdem musste man zuerst an einer Gruppe rauchender, den Gang vor der Toilette verstopfenden Chinesen äusserst ordinärer Natur vorbeikommen, bevor man sich erleichtern konnte.

Tagsüber war es etwas besser, aber auch dann gab es verschiedene Ärgernisse: erstens fingen nach einiger Zeit unsere Füsse an, besorgnisserregend anzuschwellen. Auf diesen Elefantenfüssen lief es sich gar nicht mehr gemütlich. Und dann war da noch eine Chinesin im Abteil nebenan, die mit Glubschaugen und heruntergezogenem Gesicht (Fischgesicht) jede unserer Bewegungen beobachtete. Uns anglotzte. Sogar, als ich mich hinter meinem Schlafsack kurz umzog.

Andererseits war aber die Aussicht aus dem Zugfenster fantastisch! Wir fuhren durch die Provinzen Gansu, wo es Wüste zu bewundern gab, und Qinghai, wo unser Zug über 4000 Meter hoch rollte und uns in eine atemberaubende Landschaft voller Berge und Seen führte! Und da waren wir noch nicht einmal im noch tausend mal schöneren Tibet angelangt...!

 

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